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Viktor Khan, erfolgloser Maler und Museumswärter, befindet sich auf der Flucht. Er wird des Mordes verdächtigt. Ein alter und ausgesprochen amtsmüder Kommissar, der mehr mit den Unzulänglichkeiten des Alters als mit der Aufklärung von Verbrechen beschäftigt ist, übernimmt den Fall. Viktors Flucht bleibt in einem schäbigen Stundenhotel zwischen Prostituierten und Zuhältern, zwischen Traum und dem, was man für Wirklichkeit halten könnte, stecken.

Was wie ein Thriller beginnt, wandelt sich zu einer Reise in die Innerlichkeit der Figuren, die sich zunehmend in ihren Phantasmen verlieren und schließlich darin aufzulösen scheinen.

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Die Nacht hat er hinter sich gebracht wie eine medizinische Maßnahme. Mit den ersten Sonnenstrahlen, die den Himmel über der gegenüberliegenden Straßenseite rot färbten, verschwand Antonio so plötzlich, wie er gekommen war.

Viktors letzter Tag im Hotelzimmer bricht an.

In dem blauen Café ist wegen der großen Theke, die eine komplette Längswand des Raumes ausmacht, hinter der gekocht wird und an der die Gäste ihre Mahlzeiten einnehmen können, nur noch Platz für fünf Tische. Er hat die Qual der Wahl und sucht sich einen Tisch vor dem großen Fenster aus. Wenn er auswärts frühstückt, isst er immer dasselbe: Vollkorntoast, Bacon, Spiegelei, rote oder gelbe Marmelade, weiße Bohnen in Tomatensoße, dazu schwarzer Filterkaffee und manchmal ein Glas Orangensaft. Ein solches Frühstück bekommt er in gleichbleibender Qualität fast überall in der Stadt, und es kostet nicht viel. So lange er zurückdenken kann, sieht er sich drei- oder viermal in der Woche eine halbe bis dreiviertel Stunde lang vor einem immer gleich gedeckten Frühstückstisch in einem der zahlreichen Cafés der Stadt sitzen. Es gibt nur wenige Dinge, die er ähnlich unmittelbar mit innerer Befriedigung assoziiert wie Auswärtsfrühstücken. Eines seiner gelungensten Bilder zeigt einen rechteckigen Tisch mit glänzend roter Plastikdecke, auf dem zwei komplette XXL-Frühstücke ausgekippt wurden. Aus ihren bleichen Porzellangefäßen befreit, gehen die diversen Haufen Bohnen, Würstchen, Speck, Toast, Marmelade und Honig durch Zugabe von Kaffee und Orangensaft gänzlich unerwartete Verbindungen ein. Der überschwängliche Farbauftrag, der an alte holländische Meister erinnert, erlaubt es dem Betrachter, die fremdartige Konsistenz der heillos vermischten Speisen beinahe zu schmecken. Im Rückblick handelt es sich für ihn um sein persönlichstes Bild.

Der Verkehr vor dem Fenster läuft gleichmäßig und erzeugt ein anhaltendes Brummen, von dem er sich nicht stören lässt. Nach dieser Nacht fällt es ihm leicht, die Geräusche von draußen auszublenden. Er hätte Antonio nicht einweihen sollen. Das war ein Fehler, einer der vielen. Gleich nach dem Frühstück wird er zur Polizei gehen, um sie bei den Ermittlungen zu unterstützen und ihnen den vielleicht entscheidenden Hinweis zu geben, auch wenn er nicht weiß, was der entscheidende Hinweis sein könnte. Das Gesicht des Mannes in Leas Wohnung hat der gestrige Tag vollkommen aus seinem Gedächtnis getilgt. Wenn er versucht, es sich in Erinnerung zu rufen, ist es, als blicke er in einen dieser Trickspiegel auf alten Jahrmärkten, die alles bis zur Unkenntlichkeit verzerren, so dass er sich mit Eigenschaften wie groß, hager, knochig und blass zufriedengeben muss.