Belletristik
Markus Kirchhofer
Das Planetenrührwerk
Mit drei Schwarz-Weiss-Illustrationen des Schriftstellers Maurizio Pinarello.
Das Planetenrührwerk ist Markus Kirchhofers erster Roman. Als Lyriker mit Drang zur Reduktion komprimiert er seine Sprache als Romancier aufs Äusserste: Kirchhofer verrührt Familien- und Zeitgeschichte, Dunkles und Leuchtendes, Idylle und Sturm, Erinnerungen und Zukunftsvisionen, Rausch und Krankheit. Seine Geschichte lässt er in Ich-Form von drei Brüdern erzählen – und aus der "natürlichen" Sicht einer Erdgöttin oder verschiedener Pflanzen: Gekonnt wagt sich der Autor weiter vor ins Nature Writing.
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Verlagstexte
Das Planetenrührwerk beginnt am 21. und endet am 24. Dezember, mit Rückblenden in die Vergangenheit der Protagonisten. Ort der Handlung ist das Schweizer Mittelland mit realen geografischen Orten wie dem Rhein oder dem Stierenberg. Die in den Neunzigerjahren vom Landschaftsmythologen Kurt Derungs entdeckten Grabanlagen mit der liegenden Landschaftsgöttin bei Lenzburg im Kanton Aargau spielen eine wichtige Rolle.
Im stillen Zentrum des Romans liegt der fast 100-jährige Fritz Leuenberger, von Reif überzogen auf einem Kiesplatz; er, der früher den Käse fasste. Der Ort, an dem er gefunden wird, wirft Fragen auf. Leuenberger hinterlässt eine Frau und drei Söhne – und ein Testament: In Absprache mit seiner Frau vermacht er seinen Söhnen das Hotel Restaurant "Sonne", das Elternhaus seiner Frau. Bedingungen: Die Söhne müssen sich innerhalb von drei Tagen zum künftigen Verwendungszweck der "Sonne" einigen und einer von ihnen muss Hausherr der "Sonne" werden. Das Ultimatum löst intensive Diskussionen und Reflexionen aus. In wechselnden Zusammensetzungen beschäftigen sich die Brüder mit ihrer Herkunft, ihren Beziehungen und möglichen Perspektiven für die "Sonne". Dabei kommen existenzielle Nöte und schwelende Konflikte zum Vorschein.
Im Planetenrührwerk einer Käserei wirken Kräfte, die wir nicht sehen. In Richtung und Gegenrichtung wird geteilt in das, was zerrinnt, und das, was bleibt. Und immer dreht sich alles ums stille Zentrum.
Textprobe(n)
Der Himmel zwischen Jura und Alpen ist eine trübe Käseglocke. Hochhäuser und Kräne ragen aus der Ebene. Rücklichter an Autos und Firmennamen an Gebäuden leuchten rot durch den Dunst. Raureif liegt auf Wiesen, Bäumen und Sträuchern. Vater nannte den gefrorenen Nebel "Biecht". Ich verlasse die Autobahn bei Städtchen. Rechts des Autobahnanschlusses steigen die Zuschauertribünen des römischen Amphitheaters flach an. Der Tribünenhalbkreis ist in vier Tortenstücke unterteilt, davor steht ein Strommast.
Hoch über der Torte thront schemenhaft das Schloss. Ich nehme die linke Spur. Vor der Kreuzung steht eine riesige Konservenbüchse. Es ist der Firmensitz eines Lebensmittelkonzerns. Ein weisses Schild weist den Weg zum Schloss. Aus nördlicher Richtung bin ich seit Langem nicht mehr hierhergekommen. Normalerweise, wenn ich Jürg besuche, verlasse ich die Autobahn eine Ausfahrt früher und fahre von Westen nach Städtchen.
Vorbei an einer Schule und einem Schnellrestaurant, biege ich vor einer Verzinkerei rechts ab, danach links in einen ansteigenden, asphaltierten Weg. Er wird steiler und enger, schliesslich verschwindet er im dunklen, von Bäumen gesäumten Einschnitt zwischen dem Schlossberg und der unbebauten Erhebung daneben. Kurz vor der Anhöhe drehen die Antriebsräder auf der eisigen Unterlage durch. Oben öffnet sich die Landschaft.
Hier also ist mein Vater gestorben. Die Polizei hat mir die genaue Stelle am Telefon beschrieben: neben der Strasse, zwischen zwei Hydranten. Vor meinem Parkfeld steht ein Brunnen. Ich gehe zu einer der zwei Parkuhren, drücke den Metallknopf unter der Nummer meines Platzes und werfe eine Münze in den Schlitz. Bis 11:30 Uhr, das reicht.
Die Parkfelder eins und zwei schmiegen sich an die Mauer am Berg. Gegenüber, hinter der Strassenbegrenzung, fällt der Hang zu Städtchen ab.
Fünf Zaunpfähle spannen eine gekieste Fläche neben der Strasse auf. Darauf stehen ein blauer und ein roter Hydrant. Der Kies und die Pflänzchen darauf sind von Raureif überzogen. Nur dort nicht, wo Vater gelegen hat. Die Umrisse seines Körpers sind erkennbar: die angewinkelten Beine, die Arme, die vom Oberkörper wegzeigen und zum seltsam grossen, kreisrunden Kopf zurückkehren. Offenbar ist Vater in Seitenlage gestorben, mit Blickrichtung nach Westen, zum Kirchberg. Nein, diese Leerstelle des Toten auf dem gefrorenen Boden bilde ich mir nicht ein. Ich sehe schaudernd, wie mein Vater hier liegtund stirbt. Und wie langsam Eiskristalle auf ihm wachsen.
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Das Planetenrührwerk
Roman / Novelle
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ALS BUCH:
Hardcover
89 Seiten
Format: 13, x 215 mm
Auslieferung: ab 15. Februar 2022
D: 22,00 Euro A: 22,00 Euro CH: 24,80 CHF
ISBN (Print) 978-3-906311-97-5
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