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Das Zeichen für Regen

Belletristik

Jana Volkmann

Das Zeichen für Regen

Alles hinschmeißen und in einem neuen Land ganz von vorne anfangen. Wer hat sich das insgeheim nicht schon mal gewünscht? Die Protagonistin in Jana Volkmanns Roman hat diesen Gedanken in die Tat umgesetzt und in Japan in einem Hotel angeheuert.

Verlagstexte

"Amega futteiru, es regnet, sagte der Taxifahrer auf Japanisch, als habe er es eben erst bemerkt. Er sagte es zu keinem seiner beiden Fahrgäste, sprach vielmehr mit der Windschutzscheibe, und Irene malte das Zeichen für Regen auf das beschlagene Fenster neben sich. Ihre Finger merkten sich die Strichfolgen viel zuverlässiger als ihr Gehirn, darum schrieb sie, so oft sie konnte, immer wieder die gleichen Symbole. Regen, ame, ."

Als Irene nach Kyōto zieht, um als Zimmermädchen in einem Hotel zu arbeiten, fühlt sie sich sofort angekommen. Berlin hat sie hinter sich gelassen, ebenso wie ihren Freund Timo und ihr Studium. Dass sie in Japan die Sprache kaum versteht, ist ihr eigentlich ganz recht, denn auch ihre neue Umgebung hält sie lieber auf Distanz. Bis Irene einen der Hotelgäste etwas besser kennenlernt, als es sich für ein Zimmermädchen gehört. Wer ist der mysteriöse Mann aus Zimmer 1009, und was will er von ihr?

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© Cover: Verlag, Foto(s): Verlag

Presse- und Autorenstimmen

Man kann nur hoffen, dass die junge Autorin nie damit aufhört, ihre Geschichten niederzuschreiben und vorzutragen.

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Maria Nowotnick, kultürlich.de

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Textprobe(n)

"Sumimasen! Gomen nasai! Sumimasen!" Irene wusste nie, welche der beiden Phrasen angemessen war, wenn man sich entschuldigen musste. "Sumimasen!" Sie schrie fast, ihre Stimme klang fremd und sie spürte die Röte bis in die äußersten Ohrenspitzen kriechen. Sie verbeugte sich. "Gomen nasai", sagte sie noch mal, leiser, ehe sie bemerkte, dass der Mann nicht sehr japanisch aussah. Sie versuchte es auf Englisch. Er beschwichtigte sie auf Deutsch, ganz ohne Akzent. Irene brauchte einen kurzen Moment, um zu begreifen, dass sie nicht für sich selbst zu dolmetschen brauchte.
"Es ist alles okay. So was passiert. Und gar nicht mal selten." Der Mann sah sie freundlich an. "Diese Schilder an der Türklinke kann man nun wirklich übersehen. Ich bin öfter in Hotels, als mir lieb ist, und glaub mir: Das passiert nicht zum ersten Mal. Nun schau nicht so erschrocken, ja?"
Er rieb sich die Augen und zog die Decke ein wenig höher über die Brust, auf der sich graue Haare kräuselten.
Seine Hände waren ein wenig zu kräftig für seinen Körper, und Irene konnte nicht anders, sie stellte sich vor, wie es wäre, wenn sie jetzt sofort unter seine Decke kriechen könnte. Die warme Haut zu spüren und die Müdigkeit riechen zu können und seiner fremden Stimme mit der vertrauten Sprache noch weiter zu lauschen. Es war aber nun mal keine Option und schon gar kein guter Stil, sich als Zimmermädchen einfach so unter die Bettdecke der Hotelgäste zu legen. Auch nicht, wenn es da etwas Gemeinsames gab – und was konnte schon gemeinsamer sein als eine gemeinsame Sprache, in der man sich unterhalten konnte? Das wurde ihr klar, als der Mann zu sprechen begonnen hatte. Es war so simpel, alles, wonach sie sich sehnte, waren ein paar Worte, die nicht übersetzt werden mussten. Die schwere und geschlossene Silben hatten, nicht wie das Japanische. Die sich zu Sätzen fügten, die einen Sinn ergaben, den man nicht erst zu entschlüsseln brauchte, die keine Floskeln enthielten, die man nur begreifen konnte, wenn man sich ausgiebig mit den japanischen Gesellschaftsverhältnissen der letzten hundert oder hunderttausend Jahre beschäftigt hatte.
"Es tut mir wirklich leid. Mir ist so was noch nie passiert."
In der eigenen Sprache klang Irenes Stimme anders, sie kam ihr viel sanfter vor. Er gähnte und entschuldigte sich dafür.
"Jetlag?"
Irene merkte, dass sie starrte, und wandte den Blick ab, verwirrt über das, was sie fühlte. Scham war das nicht, das war etwas ganz anderes, aber sie vermochte es nicht zu benennen, auch später nicht.
"Ja. Gestern gelandet. Zeitzonen dürfte es eigentlich gar nicht geben, aber mich fragt ja niemand."
Sie fühlte sich einsam, als sie eine weitere Entschuldigung zu Ende gemurmelt und das Zimmer verlassen hatte. Er hatte gesprächig gewirkt. Für jemanden, der gerade aus einem zeitverschobenen Schlaf gerissen wurde, fast schon geschwätzig. Aber sie durfte das nicht. Sie durfte nicht als Zimmermädchen mit mehr oder weniger nackten Hotelgästen ein Gespräch über Zeitzonen beginnen. Und sie durfte nicht als Irene in Kyōto dieselben Fehler machen, die sie als Irene in Berlin auch schon begangen hatte.
Nun stand sie wieder auf dem Flur, und die Musik kam ganz eindeutig aus den Lautsprecherboxen, da war weder ein Orchester unter der Zimmerdecke, noch wartete jemand unter einer Bettdecke auf ihre Gesellschaft.
Zu Zimmer 1009 kehrte sie erst ganz am Ende ihrer Runde zurück, als sie halbwegs sicher war, dass der Mann nicht mehr schlafen und längst in der Stadt unterwegs sein würde.

Das Zeichen für Regen
Roman / Novelle
ALS BUCH:
Hardcover mit Schutzumschlag

Lesebändchen

208 Seiten
Format: 125 x 205 mm
Auslieferung: ab 1. September 2015
D: 19,95 Euro A: 19,95 Euro CH: 28,50 CHF

ISBN (Print): 9783903005075

ALS EBOOK:
Datenformat(e): epub
Auslieferung: ab 1. September 2015
D: 12,99 Euro A: 12,99 Euro CH: 16,00 CHF
ISBN (eBook) 978-3-903005-70-9

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