Verlagstexte

Der Zigarettenbaron Pak Raja liegt im Sterben. Vor seinem Tod will er noch einmal die mysteriöse Jeng Yah wiedersehen. Während seine Frau mit Wut und Eifersucht reagiert, versuchen seine drei Söhne, die Frau aus Vaters Vergangenheit zu finden. Die Suche führt sie ins Herzen Javas, tief in die javanesische Vergangenheit, als das Land noch eine niederländische Kolonie war und ein junger Mann namens Idroes Moeria beschließt, vom Zigarettendreher zu einem reichen Geschäftsmann aufzusteigen.

Ratih Kumala erzählt von einer herzzerreißenden Liebe, von einer Familientragödie, die über drei Generationen reicht, von der ruhmreichen Tabaktradition des Landes und von der Geschichte der jungen Republik Indonesiens.

Die Buchpremiere wird am Donnerstag, 15.10.2015, im Frankfurter Nordend, um 19:00 Uhr im "Odyssee Restaurant", Weberstr. 77, in Anwesenheit der Autorin gefeiert. Zoë Beck wird den deutschen Text lesen. Ratih Kumala wird dort sein und steht während der gesamten Buchmesse für Interviews (englisch, deutsch) zur Verfügung.

Weitere Lesungstermine:
Frankfurt, Buchmesse, 14. Oktober, Leseinsel
Frankfurt, Buchmesse, 15. Oktober
Frankfurt, Weltenleser Buchhandlung, 17. Oktober, 12:00 Uhr
Solms, Taunushalle, 17. Oktober, 19:00 Uhr

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Textprobe(n)

Als Vater auf dem Sterbebett lag, murmelte er im Halbschlaf immer wieder einen Namen: Jeng Yah.

Dieser Name beschwor einen Geist aus der Vergangenheit herauf, von dessen Existenz ich nicht einmal etwas geahnt hatte. Offensichtlich war es meiner Mutter gelungen, diesen Geist in all den Jahren erfolgreich zu bannen. Auf ihrem Gesicht zeigte sich ein mir bisher gänzlich unbekannter Zug: Mutter war eifersüchtig. Ja, diese Frau, die längst nicht mehr jung war, raste mit einem Mal vor Eifersucht. Und Mutter war wirklich furchterregend in diesem Zustand – so, als könnte sie in der nächsten Sekunde zum Angriff übergehen: auf alles und jeden, überall und jederzeit. Sie schien bereit, auf der Stelle zu vernichten, was sie wütend machte.

"Ich bin es, die ihn pflegt, seit er krank ist, und nach wem ruft er? Nach dieser Frau!", schimpfte Mutter, und ihr Mund verzog sich vor Ärger. Das Döschen mit den Medikamenten, die sie Vater an diesem Vormittag eigentlich geben wollte, schleuderte sie zu Boden. Ich hörte sie sogar, ein Schluchzen unterdrückend, in ihrer Wut flüstern, Vater solle doch am besten jetzt gleich sterben. Dass meiner Mutter eine solche Verwünschung über die Lippen kommen könnte, hätte ich nie für möglich gehalten. Ungläubig hielt ich den Atem an.

Ich wäre im Traum nicht darauf gekommen, dass es jemanden gab, der zwischen meinen Eltern stand. Sie waren nun seit siebenunddreißig Jahren verheiratet. Gäbe es ein Regierungsprogramm für vorbildliche Familien, dann hätte man meine Eltern mit Sicherheit zum Modell genommen. Wir, ihre drei Söhne, hatten ihre Ehe jedenfalls immer als sehr harmonisch empfunden. Meine beiden älteren Brüder und ich kamen zu dem Schluss, dass diese Jeng Yah aus einer Zeit stammen musste, bevor Vater und Mutter verheiratet waren.

"Was soll das? Warum sprecht ihr diesen verfluchten Namen aus?!" Wir hatten nicht gemerkt, dass Mutter unsere Unterhaltung mitangehört hatte. Wir zuckten zusammen, verstummten und taten so, als hätten wir noch etwas sehr Dringendes zu erledigen. Unter ihrem zornigen Blick schrumpften wir innerlich auf die Größe eines Basilikumsamenkorns. Während sie uns wütend anstarrte, schien es für zwei Sekunden, als wollten ihre Augenbrauen in der Mitte zusammenwachsen. Unsere Beratung war damit also erstmal beendet, und wir gingen auseinander.