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Die Kapuzinergruft

Belletristik

Joseph Roth

Die Kapuzinergruft

Mit einem Nachwort von Karl-Markus Gauß

Revisited Band 18

Joseph Roths großer Roman ist der gelungenste literarische Abgesang auf die große Zeit des Vielvölkerstaats. Ein Kakanien, das nie so gut war wie erinnert, und in dieser bunten Fülle nie wieder sein wird. Die Erstausgabe von 1938 jetzt in liebevoller Ausstattung erhältlich.

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Verlagstexte

Österreich-Ungarn: prunkvoll, reich und angesehen, wie Franz-Ferdinand Trotta selbst. Der junge Mann führt ein sorgloses Leben, verbringt die Nächte im Kaffeehaus, verschläft die Tage und verjubelt das Geld seiner Familie. Dann bittet ihn sein Vetter Joseph Branco, Maronibrater aus Slowenien, um einen Gefallen: Er soll den Kutscher Manes Reisiger empfangen und ihm dabei helfen, dass sein hochbegabter Sohn als Violinist ans Konservatorium kommt. Die drei Männer, so unterschiedlich sie sind, freunden sich schnell an.
Dann die Schicksalsstunde, die die Welt in Atem hält: Der Erste Weltkrieg bricht aus. Die drei Männer lassen sich für dasselbe Regiment verpflichten und geraten alsbald in Gefangenschaft.
Diese Gefangenschaft verändert die drei nachhaltig - so wie das Kaiserreich Österreich nachhaltig verändert wird.

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© Cover: Verlag, Foto(s): Josef Breitenbach

Textprobe(n)

Wir heißen Trotta. Unser Geschlecht stammt aus Sipolje, in Slowenien. Ich sage: Geschlecht; denn wir sind nicht eine Familie. Sipolje besteht nicht mehr, lange nicht mehr. Es bildet heute mit mehreren umliegenden Gemeinden zusammen eine größere Ortschaft. Es ist, wie man weiß, der Wille dieser Zeit. Die Menschen können nicht allein bleiben. Sie schließen sich in sinnlosen Gruppen zusammen und die Dörfer können auch nicht allein bleiben. Sinnlose Gebilde entstehen also. Die Bauern drängt es zur Stadt, und die Dörfer selbst möchten justament Städte werden.

Ich habe Sipolje noch gekannt, als ich ein Knabe war. Mein Vater hatte mich einmal dorthin mitgenommen, an einem siebzehnten August, dem Vorabend jenes Tages, an dem in allen, auch in den kleinsten Ortschaften der Monarchie, der Geburtstag Kaiser Franz Josephs, des Ersten, gefeiert wurde.

Im heutigen Österreich und in den früheren Kronländern wird es nur noch wenige Menschen geben, in denen der Name unseres Geschlechts irgendeine Erinnerung hervorruft. In den verschollenen Annalen der alten österreichischungarischen Armee aber ist unser Name verzeichnet, und ich gestehe, daß ich stolz darauf bin, gerade deshalb, weil diese Annalen verschollen sind. Ich bin nicht ein Kind dieser Zeit, ja, es fällt mir schwer, mich nicht geradezu ihren Feind zu nennen. Nicht, daß ich sie nicht verstünde, wie ich es so oft behaupte. Dies ist nur eine fromme Ausrede. Ich will einfach, aus Bequemlichkeit, nicht ausfällig oder gehässig werden, und also sage ich, daß ich Das nicht verstehe, von dem ich sagen müßte, daß ich es hasse oder verachte. Ich bin feinhörig, aber ich spiele einen Schwerhörigen. Ich halte es für nobler, ein Gebrechen vorzutäuschen als zuzugeben, daß ich vulgäre Geräusche vernommen habe.

Die Kapuzinergruft
Roman / Novelle
ALS BUCH:
Hardcover

Halbleinen und Lesebändchen

214 Seiten
Format: k. A.
Auslieferung: ab August 2015
D: 22,90 Euro A: 22,90 Euro CH: k. A.

ISBN (Print) 978-3-902950-37-6

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