Belletristik
Meral Kureyshi
Elefanten im Garten
Ein wunderbares Debüt: Als ihr Vater unerwartet stirbt, gerät die junge Erzählerin ins Schlingern. Ein Jahr lang lebt sie im Ungefähren, besucht wahllos Vorlesungen an der Universität, Erinnerungen an ihre idyllische Kindheit im osmanisch geprägten Prizren drängen in ihre Schweizer Gegenwart. Von Herkunft und Entfremdung erzählt der Roman, von Verlust und Beharren, aber auch von Neubeginn und Rettung – im Erzählen.
Andere Titel des Verlags bzw. der Autorin/des Autors
- Am Meer dieses Licht
- Blindgänger
- Brief an meinen Vater
- Cap Arcona 1927–1945. Märchenschiff und Massengrab
- Das Lied der Einsamkeit
- Der Boden unter den Füßen. Eine Fantasie
- Der Froschkönig
- Der Raum zwischen zwei Wörtern / L’espace entre deux mots
- Der Vogel zweifelt nicht am Ort, zu dem er fliegt
- Die Brille des Nissim Nachtgeist
- Die Schneckeninsel
- Die Vermengung
- Die schiere Wahrheit
- Fern von hier
- Hermann Hesse, Seine Welt im Tessin – Freunde, Zeitgenossen und Weggefährten
- Immer ist alles schön
- In der Fremde sprechen die Bäume arabisch
- Jeder Krüppel ein Superheld
- Meine weiße Stadt und ich. Das Bernbuch
- Mit Dir, Ima
- Nelkenblatt
- Paris 1959
- So weit die Stimme reicht / A portée de la voix
- Spiegelschrift
- Staatsräson
- Wenn die Nacht in Stücke fällt
- Wurzelstudien
- Zehn unbekümmerte Anarchistinnen
Verlagstexte
Als ihr Vater unerwartet stirbt, gerät die junge Erzählerin ins Schlingern. Ein Jahr lang lebt sie im Ungefähren, besucht wahllos Vorlesungen an der Universität, fährt Zug, sucht unvermittelt Orte ihres bisherigen Lebens auf, reist nach Prizren. Erinnerungen an ihre idyllische Kindheit in der osmanisch geprägten Stadt, die sie im Alter von zehn Jahren mit ihrer Familie verlassen musste, drängen machtvoll in ihre Schweizer Gegenwart.
Aber die Welt ihrer Kindheit findet sie nicht wieder in Prizren, und auch sie selbst hat sich verändert. Sie sucht einen Platz in ihrem neuen Land, der neuen Sprache. Die Unselbständigkeit ihrer einsamen Mutter erträgt sie nur schlecht, und mit jedem neuen deutschen Wort wächst die Entfernung zu ihr. Während die Mutter sich zunehmend isoliert, versucht die Erzählerin dem Stillstand zu entkommen.
"Elefanten im Garten" ist ein wunderbarer Roman über ein von der Migration geprägtes Leben, über Herkunft und Entfremdung, Verlust und Beharren, aber auch über Neubeginn und Rettung – im Erzählen.
Textprobe(n)
Baba wollte einen roten Mercedes, Zugfahren sei zu teuer, meinte er.
Fünf Jahre sind wir mit einem grauen Nichtmercedes in der Schweiz herumgefahren, bis ihm der jugoslawische Führerschein von einem Polizisten entzogen wurde, da er in der Schweiz nicht gültig war. Baba schimpfte laut, Autofahren sei überall gleich. Baba ging mit Achtzehnjährigen in den Nothelferkurs, zur Theorieprüfung und zu den Verkehrskundelektionen. Dann musste er mit dem Fahrlehrer Einparken lernen, nachdem er zwanzig Jahre Auto gefahren war. Unterdessen rostete der graue Nichtmercedes, da er zu lange draußen gestanden hatte. Baba brachte ihn zum Rotor beim Schrottplatz in Thörishaus, ließ ihn einstampfen und kaufte, ohne Geld zu haben, einen roten Mercedes für zehntausend Franken, den er monatlich in fünf Jahren abzahlen wollte.
Wenn wir weit wegfuhren, durften wir nicht alle mit dem Auto mit. Anne reiste mit meinem Bruder, mit mir oder meiner Schwester mit dem Zug.
Baba meinte, im Falle eines Unfalles sollten wir nicht alle draufgehen. Nie sind wir alle zusammen nach Prizren geflogen, nacheinander trudelten wir im Abstand von ein paar Tagen ein.
Niemand stellte das in Frage, alle kannten irgendwelche Geschichten, wo die ganze Familie umkam, weil sie zusammen gereist waren. Keine Nachkommen, keine Hinterbliebenen.
Ich fragte Sarah einmal nach der Schule, wie ihre Familie reiste.
Immer alle zusammen mit dem Auto nach Italien. Immer in dasselbe Haus. Immer in der zweiten Woche der Sommerferien. Sarah erzählte, dass sie einmal wandern waren mit der ganzen Familie. Ein Weg war so schmal gewesen, sie hätten jeden Moment abstürzen können. Der Vater band ein Seil um alle Bäuche, und sie liefen vorsichtig hintereinander. Er meinte, wenn jemand abstürzen würde, so würden ihm alle folgen.
Dieser Gedanke gefiel mir besser, ich musste es nur Baba beibringen.
Als ich ihm nach der Schule den Vorschlag machte, alle oder keiner, sagte er, jeder Mensch habe seine Zeit zum Sterben. Das könnten wir nicht beeinflussen, nur mit Selbstmord, und Selbstmord sei im Islam verboten. Also hätten wir keine Macht darüber und überhaupt keine Ahnung, wann diese Zeit kommen würde. Ich sollte mir nicht solche Gedanken machen, denn das würde nichts bringen.
Warum er dann nicht mit uns allen reisen würde, wollte ich wissen, wenn doch jeder seine Zeit zum Sterben hatte.
Ich und mein Bruder seien unausstehlich zusammen über eine längere Zeit, sagte er. Sie würden uns manchmal am liebsten aus dem Fenster werfen und dann rückwärts über uns fahren, bis wir still wären, und weil sie nicht gezwungen sein wollten, uns zu töten, das nämlich sei im Islam auch verboten, würden wir getrennt reisen.
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Elefanten im Garten
Roman / Novelle
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ALS BUCH:
Hardcover mit Schutzumschlag
140 Seiten
Format: 115 x 190 mm
Auslieferung: ab 14. August 2015
D: 26,00 Euro A: 26,80 Euro CH: 26,00 CHF
ISBN (Print) 978-3-85791-784-4
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ALS EBOOK:
Datenformat(e): epub, Mobipocket
Auslieferung: ab 14. August 2015
D: 21,99 Euro A: 21,99 Euro CH: 22,00 CHF
ISBN (eBook) 978-3-03855-028-0 (epub), 978-3-03855-029-7 (mobi)
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