Verlagstexte

Nach einem Selbstmordversuch mit anschliessendem Psychiatrieaufenthalt beginnt die 36-jährige Emily ein Praktikum in einem Bestattungsdienst. Sie erhält Einblick in die Welt des Todes. Dabei merkt sie, wie sie an der Arbeit mit den Toten wieder lebendig wird. Doch dann passiert, was Emily sich nie hätte vorstellen können: Ihr ehemaliger Psychiater wird tot aufgefunden, die Polizei geht von einem Verbrechen aus. Nach dem ersten Schock beschleicht Emily ein ungutes Gefühl. Sie glaubt zu wissen, wer ihn umgebracht hat …

Downloads

Video

Textprobe(n)

Mit 36 Jahren legt sich jeder Traum ins Bett und stirbt.

Die fühlenden Jahre sind vorbei. Das Seelenkino schliesst seine Tore. Die übriggebliebene Realität ist schmal. Du selbst bleibst alleine zurück. Emotionslos.

Der Krankenwagen fährt in temporeicher Zickzackfahrt durch die dunklen Strassen. Emily liegt auf der Bahre und schwebt zugleich darüber. Als spielte sich mein Leben nur in meiner Vorstellung ab …, denkt sie. Wirklich real ist das niemals. Wenn die Vorstellung zu Ende geht, wird dann die Bühne abgeräumt? Passiert dann, was eigentlich hätte passieren sollen?

Sie dämmert hinweg in den mit Schlafmitteln lahmgelegten Körper hinein. Nur die Stimmen um sie herum bleiben intakt, die in routinierter Ernsthaftigkeit medizinische Anweisungen erteilen.

Ihr stört, denkt es in Emily gereizt. Und diese Reizung hindert sie, vollständig in die geborgene Dämmerung ihres bewusstlosen Körpers abzutauchen.

In der Notaufnahme will sie die Augen öffnen. Es gelingt mässig. Die Lider liegen zu schwer zum Heben. Komische Palmen stehen in der Ecke. Menschen? Die Palmen montieren jetzt Schlangen. Oder hurtige Hände Schläuche? Wozu geben sie sich so viel Mühe? Lasst es doch!

Auf einmal wird sie mit einem rabiaten Ruck aus dem Körper katapultiert. Sie schwebt mit glasklarem Blick an der Zimmerdecke und bewundert die geschickten Menschen, die sich um ihren Körper kümmern. Ihre Gedanken weben eine Art Poesie über den Kreislauf von Leben, Tod und wieder Leben. Gewaltige langobardisch aussehende Flechtbänder entstehen, an deren Ende ein schwarzes Loch klafft – wie wehende Regenbogen, die in die dunkle Nacht hineinsausen. Die Dunkelheit saugt alle Flechtbänder auf. Das Licht verschlingt sich selbst.

Bevor es erlischt, findet sich Emily plötzlich wieder in ihrem Körper vor. Viel zu eng, alles drückt. Der Druck nimmt zu, ihr Bewusstsein nimmt ab. Weg ist sie.