Belletristik
Amir Hassan Cheheltan
Iranische Dämmerung
Aus dem Persischen von Jutta Himmelreich und Farsin Banki
Erste vollständige unzensierte Ausgabe
Der Erfolg des ersten in Deutschland veröffentlichten Romans "Teheran Revolutionsstraße" und seine häufigen größeren Feuilletons und Reportagen von 2004 bis heute in FAZ, ZEIT und Süddeutscher Zeitung und in der Schweiz haben den Namen des Autors etabliert. Mit "Iranische Dämmerung" folgt ein früherer Roman Cheheltans, der das politische und kulturelle Leben Teherans zur Schahzeit ausleuchtet. Anhand der Schicksale weniger Personen, des Armeeobersts Biraschg, seines Sohnes Iradj, dessen Frau Mihan, Theaterschauspielerin, seiner Schwester Pari und seines Sohnes Farzad erzählt Cheheltan das Drama einer Zeitenwende von 1950 bis 1979.
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Verlagstexte
Im Februar 2007 wurde "Iranische Dämmerung" von Amir Hassan Cheheltan im Iran zum zum besten Roman des Jahres gewählt. Allerdings hat Cheheltan durch ein Protestschreiben gegen die Zensur der Behörden diese Auszeichnung abgelehnt. Wie üblich war das Buch nur mit der Auflage von gravierenden Änderungen und Streichungen veröffentlicht worden.
Es handelt von der Flucht des linken Studenten Iradj infolge des Schah-Attentats von 1951 nach Russland, der dortigen Verurteilung als Spion zu zehn Jahren Haft im Arbeitslager. Nach langen Exiljahren kehrt er zu Beginn der Islamischen Revolution 1979 nach Teheran zurück. Er trifft seine Frau Mihan, den erwachsenen Sohn Farzad, seine Schwester Pari – und nichts mehr von der Stadt, die er einst kannte. Mit seiner Frau, einer Schauspielerin im Theater der Schahzeit, findet er nicht mehr zusammen. Sein Vater, Oberst der Armee, hat den Sohn wegen dessen nicht standesgemäßer Heirat verstoßen. Er ist ist wegen dessen Flucht, an seinem alten Ehrbegriff und seiner Homosexualität zerbrochen. Die Erinnerungen Iradjs an Zeit und Leben seiner Jugend und das Vakuum des gegenwärtigen eigenen Lebens treiben ihn wieder zurück ins Exil.
Presse- und Autorenstimmen
Mit dieser Welterstveröffentlichun ... liefert uns der iranische Autor ein lebendiges, spannendes und facettenreiches Porträt des nachrevolutionären Teherans. ... die Erzählweise und die von innerer Anteilnahme geprägte, ab und zu auch humorvolle Schilderung menschlicher Einzelschicksale vor dem Hintergrund des Weltgeschehens machen die Lektüre bei aller bitteren Kritik ... zu einem packenden, bedrückenden, aber auch unterhaltsamen Erlebnis.
(Kurt Scharf, Literaturnachrichten
)Es ist eine Literatur ... die versucht, der Welt, die sie schildern will, aus ihrer eigenen Logik heraus gerecht zu werden. ... Dem Leser erscheint sie als Brennglas, das Unverständlichste und Fernste wird klar. Mit keiner Figur aus Cheheltans Roman möchte man sich ... identifizieren, und tut es am Ende doch unweigerlich mit allen.
(Stefan Weidner, DeutschlandRadio Kultur
)"Teheran Revolutionsstraße" ist Weltliteratur, bevor es überhaupt etwas anderes war.
Textprobe(n)
Auf dem Weg zu General Rasmaras Büro blieb der Oberst kurz stehen und entgegnete:
"Ja, und ich muss den General sprechen."
Dann betrat er dessen Büro, ohne anzuklopfen, wie gewohnt, schlug die Hacken zusammen, nahm Haltung an.
Der kleine eigentümliche Mann saß noch immer an seinem Schreibtisch, unermüdlich, brachte etwas zu Papier. Ohne den Kopf zu heben, fragte er:
"Sind Sie wieder da? Ich hatte Ihnen doch gesagt, gehen Sie sich ein paar Stunden ausruhen."
"Aber es ist etwas vorgefallen, Herr General, und Sie müssen mir helfen."
Erst jetzt hob der General den Kopf und sah seinen Stabschef an. Zwei, drei Stunden zuvor, als er die Kaserne verlassen hatte, hatte er sich vor Müdigkeit kaum auf den Beinen halten können. Jetzt war offenkundig, dass er besorgt war, ja sogar Angst hatte und seine letzten Kräfte aufbieten musste, um hier hellwach und aufmerksam vor ihm stehen zu können.
"Setzen Sie sich und erzählen Sie mir, was passiert ist", forderte der General ihn auf und wandte sich wieder seiner Schreibarbeit zu.
"Es geht um meinen Sohn", sagte der Oberst, "mitten in der Nacht haben sie sein Haus gestürmt, um ihn festzunehmen."
"Was Sie nicht sagen", entgegnete der General mit erstaunlichem Gleichmut. "Und warum nun die große Sorge?"
Der Oberst hob die Stimme. "Sorge? Was eine Festnahme in diesen Tagen bedeutet, ist doch sonnenklar."
Der General nickte bedächtig, ohne seine Schreibarbeit zu unterbrechen. Der Oberst erhob sich und wartete. Der General legte den Stift aus der Hand und hob den Kopf.
"Und wie soll ich nun helfen?"
Mit zitternder Stimme bat der Oberst: "Ordnen Sie an, dass man seine Verfolgung einstellt."
Der General stand auf und trat hinter seinem Schreibtisch hervor.
"Herr Oberst, Sie wissen sehr wohl, dass die Militärregierung diese Verfolgungen angeordnet hat."
"Und Sie können diese Anordnung rückgängig machen."
Bedauernd schüttelte der General den Kopf.
"Dass ein erfahrener Soldat wie Sie eine solche Erwartung an mich heranträgt, ist ungewöhnlich, Herr Oberst."
"Sämtliche Verhaftungen hängen mit dem Anschlag zusammen, Herr General", ereiferte sich der Oberst, "noch dazu ..."
Dann schwieg er und schüttelte den Kopf, aus unerfindlichem Grund. In versöhnlicherem Ton sagte der General:
"Ja, genau so verhält sich das, Herr Oberst, und nun sagen Sie mir: Wie gut kennen Sie Ihren Sohn wirklich?"
Der Oberst zuckte die Achseln, breitete die Arme aus: "So gut, wie jeder Vater seinen Sohn kennen kann."
Der General ließ diese Antwort unkommentiert, ging in seinem Büro auf und ab, wandte sich dem Oberst schließlich zu und fragte:
"Und wie sieht's mit Teheran aus? Wie vertraut sind Sie mit der Stadt?"
Der Oberst wusste mit der Frage nichts anzufangen.
Er zog die Brauen zusammen und sagte:
"Ich bin hier zur Welt gekommen. Genau wie mein Vater und seine Vorfahren auch."
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Iranische Dämmerung
Roman / Novelle
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ALS BUCH:
Hardcover mit Schutzumschlag
200 Seiten
Format: k. A.
Auslieferung: ab 1. Oktober 2015
D: 22,00 Euro A: k. A. CH: k. A.
ISBN (Print) 978-3-87410-135-6
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