Belletristik
Paul Auer
Kärtner Ecke Ring
Kärntner Ecke Ring erzählt von der bizarren Dreiecksbeziehung zwischen einem Großbürger, einer einfachen Angestellten und einem ehemaligen Neonazi, von enttäuschter Liebe und unterdrückter Wut, vom Fluch der Vergangenheit und von der Unfähigkeit zu vergessen. An einem tropisch heißen Wochenende im Juni kommt es zum blutigen Showdown im Stil einer griechischen Tragödie, der schließlich mit verheerenden Explosionen in ganz Wien endet.
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Verlagstexte
Der 60-jährige Ludwig Bilinski könnte ein unbeschwertes Leben als wohlhabender Großbürger führen. Berufliche und private Enttäuschungen haben den früheren Kreisky-Anhänger jedoch verbittert. Unter einem Pseudonym hat er sich einen Namen als Verfasser von hetzerischen Leserbriefen gemacht; in seinem Dachboden steht ein Modell vom Wien seiner Träume; und als endgültige Rache an der Welt plant er, die seiner Meinung nach hässlichsten Gebäude der Stadt in die Luft zu sprengen. Dadurch will er als Retter der Schönheit Wiens in die Geschichte eingehen, seinem Leben zu guter Letzt Sinn verleihen.
Die einzigen Menschen von Bedeutung für ihn sind Norbert, ein Stricher, und dessen Mutter Tamara, eine Verkäuferin. Er trifft sie jeden Samstag getrennt voneinander zu festgesetzten Zeiten, um seine sexuellen beziehungsweise emotionalen Bedürfnisse zu befriedigen. Von ihrer jeweiligen klar definierten Rolle im Leben Bilinskis wissen die beiden nichts. Als Norbert in seiner Jugend in die Neonazi-Szene abdriftet, bricht der Kontakt zu seiner Mutter ab.
Bilinskis Egozentrismus kollidiert zusehends mit den Sehnsüchten und Wünschen, die er in Norbert und Tamara weckt. Während er voller Vorfreude seinem apokalyptischen Coup entgegensieht, gerät das auf ihn zugeschnittene Beziehungsdreieck außer Kontrolle. Obwohl er sich für allmächtig hält, droht er, wie Norbert und Tamara, an den Gefühlen der drei zueinander zu zerbrechen.
Presse- und Autorenstimmen
Vom ersten Satz an hat mich dieser Text gefangen genommen. Und nicht mehr losgelassen.
(Walter Fanta, Musil Institut
)Textprobe(n)
Abermals eine Stunde geschwiegen. Die Aufdringlichkeit, mit der Doktor Auer Ihnen Details entlocken wollte, Kränkungen und Katastrophen, Ihre Biografie problematisierte. Um ganz offensichtlich eigene Unzulänglichkeiten zu kaschieren, widerwärtig. Erst recht sein Drei-Tage-Bart; der penetrante Geruch seines Parfums. Aber was erwarten von jemandem mit einem solch plebejischen Namen?
Sie hatten mit Ihrem Namen nie gehadert. Ludwig Bilinski. Es hätte Sie schlimmer treffen können. Horst, Heinrich, Gunther, Gerwald; gar Adolf? Nein. 1955 wäre sogar Ihr SSVater einsichtig genug gewesen. Überließ die Wahl ohnedies Ihrer Großmama. Die ebenso einem verschwundenen Reich nachtrauerte, dem der Habsburger. Einen Erzherzog als Namenspatron zu wählen, wäre ihr aber zu snobistisch gewesen. Sie wurden nach einem Wittelsbacher benannt. Ludwig von Bayern. Erbauer von Neuschwanstein, Förderer Wagners, Opfer seiner romantischen Sentimentalität. Auch keine leichte Bürde. Aber eine wohlklingende.
Doktor Auers ratloser Blick, als Sie das Therapiezimmer verließen. Er würde sich an Ihr Schweigen gewöhnen, so wie Sie sich an Ihr Zimmer gewöhnt hatten. Es war bescheiden, Ihrer Situation angemessen. Sie wussten doch, was Sie getan hatten. Bloß Doktor Auer schien der festen Überzeugung, er müsste etwas freilegen; dass Sie etwas verdrängten. Dieser Stümper. Gar nichts verdrängten Sie. Vermochten sich der ganzen Malaise zu stellen. Jeglicher Erinnerung, sämtlichen Fakten. Sie legten sich auf das Bett. Ihre ersten Lebenswochen waren wohl die glücklichsten. Bei vorhandenem Vokabular hätten Sie so geurteilt. Sie selbst, ein gesunder Säugling, lebten mit Eltern und Großmama in einer herrschaftlichen Wohnung. Am Tag Ihrer Geburt war das Ende der alliierten Besatzung besiegelt worden. Aufbruchsstimmung. Dass Ihre Mutter das Bett nicht mehr verließ; Ihre Großmama nie außer Haus ging; Ihr Vater umso abwesender war – entweder er hielt sich in seiner Praxis auf oder war tagelang auf der Jagd, um sich für den verlorenen Krieg zu rächen – all das fügte sich später zu einem Präludium voller Dissonanzen. Es endete mit dem Sturz Ihrer Mutter auf die Währinger Straße – dreiundzwanzig Jahre alt.
Sie öffneten die Nachtkästchenlade, entnahmen ein Foto. Eine Schönheit war sie, wie vom Film, wie Hedy Lamarr, kühl strahlend. Ehe sie Ihrem Vater ins Netz ging, er um dreißig Jahre älter, ein Kind zur Welt brachte, es aussetzte, verschwand. Wieder hätte es schlimmer kommen können. Allein beim Vater aufzuwachsen, doch da war noch Ihre Großmama, seit 1918 nur mehr in Schwarz gekleidet. Abend für Abend saß sie an Ihrem Bett, wiegte Sie mit Versen in den Schlaf, eine Wiedergängerin Maria Theresias. Deren teigige Hand Sie festhalten durften, deren melodischer Stimme Sie lauschten, untermalt vom Rumpeln und Bimmeln der Straßenbahnen auf der Währinger Straße: Wien, du alte, kalte Hure / Ich kauerte an deines Grabes Mauer / Da du noch locktest, ein mürbes Goderl dieser Welt. / Du hurtest hurtig mit Hurradämonen / Kriegsüber siegerischen Drohnen / Nun hungernd unkst du unter deiner Laster Last / Du hast dein Reich verprasst …
Das Foto der Mutter lag auf Ihrer pochenden Brust. Die Wände drohten Sie zu zerquetschten. Die Augen schließen, einschlafen. Wo war die Hand der Großmama? Norbert Bauer, Frau Tamara? Es war unerträglich. Wie hatte es so weit kommen können? … Sie rissen die Augen auf. Das Foto Ihrer Mutter, Sie hatten es zerknüllt.
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Kärtner Ecke Ring
Roman / Novelle
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ALS BUCH:
Hardcover mit Schutzumschlag
192 Seitenmit Lesebändchen
Format: 125 x 195 mm
Auslieferung: ab 4. April 2017
D: 19,90 Euro A: 19,90 Euro CH: k. A.
ISBN (Print) 978-3-902711-57-1
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ALS EBOOK:
Datenformat(e): epub, Mobipocket
Auslieferung: ab 4. April 2017
D: 12,99 Euro A: 12,99 Euro CH: k. A.
ISBN (eBook) 978-3-903061-41-5
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