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poema

Belletristik

Eugen Gomringer

poema

Mit Beiträgen von Marina v. Assel, Heike Baeskow, Max Bill, Mark E. Cory, Bernhard Echte, Zsuzsanna Gahse, Annette Gilbert, Nora Gomringer, Nortrud Gomringer, Franz Hohler, Ingrid Isermann, Walter Jens, Martin Krampen, Robert Kudielka, Michael Lentz, Sibylle Lewitscharoff, Kurt Marti, Peter von Matt, Franz Mon, Oskar Pastior, Ilma Rakusa, Hans-Peter Riese, Wulf Segebrecht.

Vor 65 Jahren erschien Eugen Gomringers Gedicht «avenidas», eine der ersten Konstellationen, die eine wesentliche Grundform der Konreten Poesie bilden. Unerwartet hat der Text jüngst für Zündstoff gesorgt und eine umstrittene Aktualität gewonnen – Anlass genug, das lyrische Werk des Begründers der Konkreten Poesie neu zu betrachten. Gomringer hat dazu seine wesentlichen Gedichte kommentiert und ihnen Essays bekannter Kollegen beigegeben. Die Rückschau auf eine zunächst belächelte literarische Bewegung, deren kreatives Potential jedoch weltweit Resonanz fand.

Andere Titel des Verlags bzw. der Autorin/des Autors

Verlagstexte

Der Fall hat in den letzten Monaten hohe Wellen geschlagen: Eugen Gomringers Gedicht avenidas ist in den Verdacht des Sexismus geraten und wurde deswegen von der Fassade der Berliner Alice Salomon-Hochschule entfernt.

Über die politischen Implikationen des Falles wurde bereits reichlich diskutiert, weniger hingegen über Gomringers Werk. Dazu möchte der Band poema anregen, der – lange vor dem aktuellen Medienrummel konzipiert – einen vielfältigen Einblick in die Welt der "Konkreten Poesie" bietet. Gomringer selbst kommentiert zwei Dutzend seiner Gedichte und hält Rückschau auf die Entwicklung einer literarischen Bewegung, die zunächst als belanglose Spielerei belächelt wurde, deren kreatives Potential sich unterdessen jedoch in einer weltweiten Rezeption und Verbreitung erwiesen hat. Die Gedichte führen ebenso sinnfällig wie schlagend vor Augen, dass nicht nur inhaltliche, sondern auch formale Verdichtung ungeahnte poetische Wirkungen hervorbringen kann. Die vielen Facetten dieses Verfahrens zeigen Texte wie schwiizer, ode an züri, fünf vokale, schweigen, kosmos chaos extase, chumm, wind, kein fehler im system, ping pong, möv möv, das schwarze geheimnis und andere.

Neben Gomringers Gedichten und Kommentaren enthält der Band auch Stimmen von Weggefährten, Freunden und Kritikern, unter ihnen Marina v. Assel, Heike Baeskow, Max Bill, Mark E. Cory, Florian Cramer, Zsuzsanna Gahse, Annette Gilbert, Nora Gomringer, Nortrud Gomringer, Ingrid Isermann, Walter Jens, Robert Kudielka, Michael Lentz, Sybille Lewitscharoff, Kurt Marti, Peter von Matt, Franz Mon, Oskar Pastior, Ilma Rakusa, Hans-Peter Riese, Wulf Segebrecht. Entstanden ist so ein erfrischend reizvolles Kompendium der "Konkreten Poesie".

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© Cover: Verlag, Foto(s): N.N.

Presse- und Autorenstimmen

Er ist der Letzte von den grossen Gründergestalten unserer Nachkriegsmoderne, und er sitzt so vergnügt und hellwach da, als hätte er eben einen Preis für seinen Erstling erhalten. Er ist ein Schweizer und ein Indianer und ist im Urwald geboren und wuchs in Zürich auf und lebt in Deutschland und wird gefeiert rund um die Welt. Wie bei allen Köpfen, die das Mittelmass übersteigen, wissen die meisten Schweizer nicht, was sie an ihm haben, und das geschieht ihnen recht. Ignoranz bestraft sich selbst. Sie tut es aber auf humane Art; man merkt nichts davon.

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Peter von Matt

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In Eugen Gomringers Gebilde zeigt sich exemplarisch, «in nuce» sozusagen (Pudel mit Kern) die Abstraktheit der konkreten Poesie.

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Oskar Pastior

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Gomringers Hinwendung zu Werken der konkreten und konstruktiven Kunst (ist) als exzeptioneller Beitrag zur Geschichte des Bildgedichts und zum Dialog der Künste zu betrachten. Mit seinen Bildgedichten erweitert er zudem die magere Zahl von Bildgedichten in der konkreten und visuellen Poesie, die in der Geschichte der ekphrastischen Dichtung noch seltener sind als Bildgedichte auf moderne und zeitgenössische Werke.

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Annette Gilbert

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Video

Textprobe(n)

chumm
chumm chumm
chumm nu
chumm nume
chumm ume
chumm numeume
chumm nu ume

chasch cho
chumm chasch cho
chunsch

chumm gang
gang gang
gang nu
gang nume
chumm nüme
chumm nümenume
haus

 

eugen gomringer

chumm

nicht lange nach der gründung meiner konkreten poesie und der publikation des ersten gedichtbandes der konstellationen 1953 im eigenverlag der spirale ergab sich eine neue interessenrichtung. ausgelöst wurde sie durch die freundschaft mit den dichtern gleicher gesinnung in wien: friedrich achleitner, h.c. artmann und gerhard rühm. es war die wiener dialektpoesie, die als nachkriegspoesie im deutschsprachigen raum einen festen platz und rang gewonnen hatte. wer kannte nicht den band hosn rosn baa von 1959? dialektpoesie und mundartlyrik gehörten zur entdeckung in mehreren sprachen und wurden untersucht. für die schweiz steht der name von kurt marti (1921 – 2017), für schwäbische und hessische mundart konrad balder schäuffelen (1929 – 2012). die wiener poeten artmann und rühm sowie marti und schäuffelen haben ihre plätze in der von mir herausgegebenen anthologie konkreter poesie im reclam verlag.

es war verlockend, die im täglichen umgang gesprochene mundart von klang und sinn her umzusetzen in gedruckte dichtung. bis zum heutigen tag finde ich es zum beispiel erfrischend, in einer belebten strasse in wien echten wienern zuzuhören, was und wie sie miteinander beim gehen und stehen verhandeln. es ist für mich unmittelbare konkrete dialektpoesie.

ich hatte durch meine grosseltern, die zuerst in herrliberg am zürichsee, dann ab meinem 5. lebensjahr in zürich ihre ganze aufmerksamkeit meiner entwicklung widmeten, gutes altes "züritütsch" gelernt bzw. mitbekommen. mein grossvater war geborener stadtzürcher, der intime kenntnisse von geschichte – sein vater war rechtsanwalt und zürcher offizier -, menschen und stadtleben besass und mir in unzähligen frage- und antwortgesprächen sein wissen mitteilte, sodass ich später selbst wieder über das alte zürich auskunft zu geben vermochte. ich war also ein geeigneter mundart sprechender zürcher. irgendeinmal gelang es mir, meine umgangsssprache so aufzuschreiben, wie ich sie hörte und selbst redete, und sie in der form von konstellationen wiederzugeben. ich versuchte damit nicht, in dichterische konkurrenz mit den wiener freunden zu treten, die für mich ein für alle male unvergleichliche vorzüge besassen. ich begann einfach aufzuschreiben, wie ich mich selbst hörte und wie ich meine mitmenschen vernahm. ich entdeckte meine umgangssprache und freute mich an der seltsamen erscheinung der wortbilder. Und doch wollte ich bewusst von anfang an meinen neuen lyrikzweig auf wenige beispiele begrenzen. die erfindung der konkreten poesie, als poesie weniger auf das einzelwort bezogene dichtung, konnte nicht wortreich das mundartgespräch wiederholen. es galt also, einzelne spezielle wortlaute gedruckt zu konkretisieren.

eines der meist gehörten und gebrauchten wörter war "chumm", zu deutsch "komm". man rief oder wurde gerufen "chumm" und meist blieb es nicht bei dem einen wort. man wiederholte es "chumm chumm". falls es ein hindernis gab, besänftigte man mit "chumm nu" gleich "komm nur". war eine schwierigkeit vorhanden, konnte man stärker auffordern mit "chumm nume" gleich "komm nur mal". dieses kleine anhängsel von "me" war also bedeutend für die entscheidung, endlich doch zu kommen. sollte das gegenteil, nämlich das zurückkommen bewirkt werden, wurde das mit dem wort "ume" erreicht. gab es da schwierigkeiten, hemmungen z. b., wurde die schon bekannte besänftigung mit "nume" erreicht, also "numenume", was man auch durch getrennte wortbildung erreichen konnte, vielleicht sogar als stärkere aufforderung: "chumm nu um". das waren alles finessen, das kommen den umständen anzupassen.

nun gab es natürlich auch die freundliche frageform der aufforderung zu kommen, nämlich "chasch cho" gleich "kannst du kommen". oder wenn die luft rein war, konnte man fragend auffordern: "chumm chasch cho". diese form lässt bekanntlich auch als "komm kannst jetzt kommen" oder "komm kannst du kommen" verwenden. schliesslich wird einfach gefragt: "chunsch" gleich "kommst du". dazu nahm ich mir die auch im deutschen seltsame form der aufforderung zum kommen und zu gehen in einem atemzug vor. die psychologie dieser seltsamen verbindung von zwei der grössten gegensätzlichen aufforderungen, ist eine bleibende irritationsquelle. ich benützte sie als "chumm gang" gleich "komm geh". das nun erworbene "gang" für "geh" wird in den folgenden zeilen genüsslich ausgespielt und zwar mit dem bereits erworbenen "nu" und "nume", wozu schließlich noch das "nüme" gleich "nie mehr" herangezogen wird. das sind abbreviationsleistungen der mundart, statt "nie mehr" zu sagen "nüme", gebildet charakteristischerweise mit dem umlaut "ü", der von "züri" (zürich) herzukommen scheint, im "züritütsch" viel vorhanden ist und das türkische geradezu vertraut macht. die längste form lautet: "chumm nümenume", was nur den letzten abgang bedetuen kann, nämlich ein "haus", was nicht ein gebäude bedeutet, sondern ein "hau ab", auch im deutschen das ende einer beziehung.

ich bin überzeugt, mit meinem "chumm" und den feinheiten, die es ermöglicht (die auch grobheiten sein können), eine exegese auf kleinem raum geschaffen zu haben, die womöglich wieder andere poeten zu animieren vermochte.

poema
Lyrik
ALS BUCH:
Softcover

Pappband, Fadenheftung

212 Seiten
Format: k. A.
Auslieferung: ab 19. März 2018
D: 29,80 Euro A: 29,80 Euro CH: 34,00 CHF

ISBN (Print) 978-3-03850-047-6

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