Belletristik
Ingvild Hedemann Rishøi
Winternovellen
Aus dem Norwegischen von Daniela Syczek
"Siehst du diese Tätowierung, das ist der Name deines Vaters, wenn ich es mir leisten könnte, wäre das jetzt ein Vogel, ich habe diesen Vogel gezeichnet, auf Butterbrotpapier, als ich eines Abends am Küchentisch saß. Der Vogel war schön, er breitete gerade die Schwingen aus, und ich hatte das Gefühl, als würde er jeden Moment abheben." Drei Novellen über das, was uns trägt, wenn die Träume von großer Liebe und Familie verflogen sind: die Unschuld der Kinder und die Wärme menschlichen Mitgefühls.
Andere Titel des Verlags bzw. der Autorin/des Autors
Verlagstexte
Ingvild H. Rishøi beleuchtet die Gefühle von Menschen, die trotz Armut, Unsicherheit und Einsamkeit ein wenig Hoffnung finden. Scheinbar einfache, märchenhafte Elemente, moderne Schreibtechniken wie Bewusstseinsstrom und filmische Schnitte, kombiniert mit präzisen Dialogen ergeben einen ganz eigenen, faszinierenden Erzählton.
1 – Wir können nicht allen helfen
Die kleine Tochter bittet ihre Mutter, einem Bettler zu helfen. Aber die weiß nicht einmal, wie sie den Bus nach Hause oder Wäsche für ihr Kind bezahlen soll. Ein Strudel von Wahrheiten und Ängsten, während die Verantwortung für die eigene Tochter erdrückend zu werden scheint.
2 – Der richtige Thomas
Thomas wird aus dem Gefängnis entlassen, am Abend soll sein Sohn zu Besuch kommen. Aber Thomas scheitert bereits daran, ein Kissen für ihn zu kaufen. Die Konfrontation mit den Erwartungen an sich selbst und den Vorurteilen der Außenwelt wird ihm fast zum Verhängnis. Und doch gibt es immer die Möglichkeit, sein Leben zu ändern …
3 – Geschwister
Drei Geschwister, siebzehn, sieben und vier, auf der Flucht, geraten in einer Schneelandschaft in eine immer aussichtslosere Situation. Geht es um eine Mädchenfreundschaft, die den Verlust der heilen Familie kompensiert und gleichzeitig motivierend und zerstörend wirkt? Um eine große Schwester, die nach dem Tod des Vaters die Familie zusammenhält? Oder ist vielmehr sie die Bedrohung für die Familie? Verschwimmende Grenzen in einer alles andere als (gefühls)kalten Winterwelt.
Themen wie Existenzangst, Verantwortung und menschliche Ausnahmezustände werden in den drei Novellen so gekonnt miteinander verbunden, dass sie die Verletzlichkeit der Gegenwartsgesellschaft eindrücklich wie wenige Erzählungen erfassen.
2015 erhält "Vinternoveller" den norwegischen Buchblogger-Preis. Bereits 2014 wurde "Vinternoveller" mit dem Kritikerpreis für das beste norwegische Buch des Jahres und dem Brage-Preis in der Kategorie "Kurzgeschichten und Essays" ausgezeichnet.
Lesungstermine während der Leipziger Buchmesse: http://www.openhouse-verlag.de/buecher/ingvild-h-rishoi-winternovellen/
Rede von Astrid Fosvold als Jury-Sprecherin beim Kritikerpreis 2014, gehalten am 5. März 2015: http://www.openhouse-verlag.de/autoren/ingvild-h-rishoi/
Presse- und Autorenstimmen
Mit einfachen (und doch so komplexen) Kniffen schafft es Rishøi, Wesentliches über Solidarität, Fürsorge, Verantwortung und Gemeinschaft zu sagen. Die stilsichere und nüchterne Ausführung des Inhaltes fordert das Mitgefühl des Lesers heraus und macht "Winternovellen" zu großer Kunst.
(Sigmund Jensen, Stavanger Aftenblad
)Da bleibt kein Auge trocken.
(Knut Hoem, NRK
)Drei Novellen, die genug Wärme spenden, um den ganzen Winter zu überstehen. Lesen!
(Gerd Elin Stava Sandve, Dagsavisen
)Textprobe(n)
Wir können nicht allen helfen
ALS WIR NACH LINDERUD KOMMEN, macht Alexa sich in die Hose. Wir wollten ja den ganzen Weg bis nach Hause gehen, und sie war einverstanden, es habe doch keinen Sinn, wegen fünf Stationen Geld für den Bus auszugeben. Aber jetzt sind wir gerade erst am Einkaufszentrum vorbei, wir haben noch mehr als die Hälfte vor uns.
Ich hatte ja gefragt, ob es in Ordnung sei, zu Fuß zu gehen. Und sie kletterte am Tor zum Kindergarten hoch und sagte: "Na klar, Mama."
Jetzt sagt sie nichts mehr, aber sie läuft breitbeinig, und ich weiß, sie friert. Es ist Dezember. Ihr Reflektoranhänger, ein Bär, baumelt an ihrer wattierten Jacke.
Sechzig minus fünfundvierzig ist fünfzehn. Ich habe noch fünfzehn Kronen.
Aber ich kann nicht schwarzfahren, nicht mit ihr, denn sie sieht alles, was ich mache, sie beobachtet mich die ganze Zeit, und wenn ich hinten einsteigen will, baut sie sich am Automaten plötzlich vor mir auf und sagt: "Haben wir einen Fahrschein, Mama?"
Und die Häuserblocks glitzern, Alexa watschelt, die Autos dröhnen, und die Laternenmasten sind mit Edding-Tags übersät, ich weiß noch, wie Alex so meinen Namen geschrieben hat, hinter der Sporthalle. Ich sage nichts dazu, dass sie sich in die Hose gemacht hat, aber ich weiß, dass sie zu Hause sofort ins Bad verschwindet, die Tür zuschließt, und nach ein paar Tagen finde ich dann ihre Unterhose, zusammengeknüllt, ganz unten im Wäschekorb. So ist sie, so läuft das, so ist sie.
Aber ich halte es nicht aus, sie so watscheln zu sehen.
"Wir nehmen den Bus", sage ich.
Sie blickt auf.
"Ja", sagt sie. "Das ist vielleicht besser."
Wir drehen um. Das Einkaufszentrum funkelt. Sie haben es rundherum mit Lichterketten geschmückt, es sieht aus wie ein Geschenk.
Da nimmt Alexa meine Hand und bleibt stehen.
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Winternovellen
Erzählung(en)
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ALS BUCH:
Hardcover
192 SeitenLeineneinband, farbiges Vorsatzpapier, Prägung, Lesebändchen
Format: 120 x 200 mm
Auslieferung: ab 9. Februar 2016
D: 19,50 Euro A: 20,00 Euro CH: k. A.
ISBN (Print) 978-3-944122-15-1
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Der Verlag im Netz:
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Pressekontakt des Verlages:
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+49 (0)341 22287383
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